Die urbane Mobilität verändert sich. Neue Verkehrsträger und Mobilitätsdienstleistungen bereichern das Mobilitätsspektrum. Sie sind Ausdruck sich wandelnder Bedürfnisse und Gewohnheiten der Menschen. Wir stehen am Anfang einer gesellschaftlichen Entwicklung, die nicht mehr umkehrbar ist und eine immer stärkere Dynamik entfacht. Wir haben jetzt die Gelegenheit, die Weichen für eine Zukunft zu stellen, in der alle ein Recht auf eine sichere und nachhaltige Mobilität erhalten.
Im Stadtverkehr vollzieht sich mit zunehmender Intensität die Wende zu flexiblen Mobilitätsformen und lokal emissionsfreien Fahrzeugarten. Immer mehr Menschen und Unternehmen nutzen die Vorteile der Mikromobilitätslandschaft: Fahrräder, E-Bikes, E-Lastenräder, E-Kickscooter, E-Roller. Städte und Kommunen hingegen verfolgen weiterhin den alten infrastrukturellen Dreiklang aus Bürgersteigen für Zufußgehende, Radwegen für Fahrradfahrende und vor allem Straßen für Pkw, Transporter und Lkw. Es wird Zeit, die Planungen an neue Realitäten anzupassen und die neuen Mobilitätsoptionen mitzudenken.
Erstmals haben sich in der Initiative „Dialog Mikromobilität“ Verbände, Unternehmen und Fachleute verschiedener Branchen zusammengetan, um der modernen, nachhaltigen, multimodalen Mobilität den Stellenwert zu verschaffen, der ihr vor dem Hintergrund von fortschreitendem Klimawandel, der Steigerung von Lebensqualität in den Städten und dem berechtigten Anliegen nach urbaner Flächengerechtigkeit gebührt.
Wir wünschen uns ein Ende der Grabenkämpfe der unterschiedlichen Interessengruppen, denn wir sind überzeugt: die Mobilitätswende gelingt nur gemeinsam. Wir sind für Zufußgehen, für Fahrradfahren, für Elektrokleinstfahrzeuge, für die Berücksichtigung der Anforderungen von Menschen mit Behinderungen, für Motorradfahren, für Autofahren, für den ÖPNV – für gleiche Rechte und Pflichten für alle Verkehrsteilnehmenden! Wir wünschen uns eine Diskussion darüber, wie ein Rahmen geschaffen werden kann, in dem Elektrokleinstfahrzeuge mit Fahrrädern rechtlich gleichgestellt werden können. Wir wünschen uns, dass die kommende Bundesregierung eine zukunftsfähige Mikromobilitätsstrategie entwickelt.
offener Brief mit Vorschlägen für eine künftige Bundesregierung
Website der Kampagne: dialog-mikromobilitaet.de
Text: M. Breust / BSM (18.08., aktualisiert am 27.08.21)
Mobilität ist im Umbruch und neue Angebote erweitern den Mobilitätsmix in der Stadt und auf dem Land. Neue Mobilitätsträger, Technologien und Akteure wie Start-ups treten auf den Plan.
Und die IAA MOBILITY 2021 trägt dieser Entwicklung Rechnung. (aus dem Programm der IAA)
Am Dienstag, den 7. September 2021 beginnt für die Internationale Automobilausstellung eine neue Ära. Nachdem Jahrzehnte der Vormarsch des Verbrenner-Pkw zelebriert wurde, soll nun nachhaltige Mobilität im Vordergrund stehen.
Die IAA 2021 fällt zwar erheblich kleiner aus als früher, bleibt aber das Flaggschiff der Branche. In Frankfurt haben die deutschen OEMs noch ganzjährig eigene Hallen auf dem Messegelände unterhalten mit jeweils aktualisierten Ausstellungen. Den Umzug nach München haben Toyota, Peugeot, Fiat und auch Opel gar nicht mehr vollzogen. Die bestimmenden Themen, die das Marketing unter "IAA-Stories" verpackt, sollen darüberhinaus auch emissionsfreier sein.
In der Innenstadt Münchens wird die IAA mit "Open Spaces" näher an das Publikum gerückt. Auf zahlreichen Plätzen können Fahrzeuge ausprobiert werden, die die Mobilität von morgen prägen werden. Sogar Tramfahren. So bietet die Stadt das, was die IAA bislang nur verspricht, nachhaltige Mobilität. Eine "Blue Lane" verbindet diese Aktionsflächen mit dem Messegelände im Osten der Stadt. Diese Achse dient auch für Probefahrten mit Pkw.
Das Programm der Konferenz wird den früheren Ansprüchen nicht gerecht. Zwar werden die CEOs der großen drei OEMs auftreten. VW-Chef Diess wird sein Bekenntnis zur Elektromobilität erneuern, und Daimler-Boss Källenius wird ihm beipflichten - anders als noch vor einer Ewigkeit beim EVS 30 in Stuttgart. Damals - 2018 - freute er sich noch darauf, die nicht-elektrischen Autos liefern zu dürfen.
Für Wahlkampfreden eignet sich die IAA dieses Jahr eher nicht als Podium. Die Kanzlerin ist - zwei Wochen vor der Bundestagswahl - nicht dabei, immerhin aber der noch amtierende Wirtschaftsminister Peter Altmaier und der (hoffentlich) kommende Verkehrsminister Cem Özdemir. Obwohl der Klimaschutz eine der dringlichsten Fragen geworden ist, scheint die Transformation des Verkehrssektors eher "Bückware" im Kaufhaus der Wählergunst. Zu viele Interessen werden berührt, und egal wohin man sich wendet, irgendjemand heult immer auf.
Viele Technologie-Unternehmen wie Siemens, Zulieferer und Software-Firmen treffen sich auf den Podien der IAA Conference, sogar Zukunfts- und Klimaforscher treten auf. Einige Kombinationen versprechen durchaus neue Einblicke und kontroverse Diskussionen, was allerdings bei einem so gewaltigen thematischen Schwenk kaum bemerkenswert ist. Der VDA als Veranstalter präsentiert seine Vorsitzende Hildegard Müller dann auch vor einer Holzwand wie in einer Berghütte, wo man mit dem Auto nicht hinkommt. Fehlt eigentlich nur noch ein Panel für "Carless Cities".
Die Überschriften der IAA-Stories könnten ebenso auf einer Veranstaltung des BSM gesetzt werden; sehr viel "Bike" und "e-Bike" ist dabei, Bus, Tram, Flugzeug, eScooter werden betrachtet, Car- und Ride-Sharing, ganze urbane Verkehrskonzepte, sogar die Stadt/Land-Dichotomie wird "abgebildet".
Der BSM-Vorsitzende Ruschmeyer will sich bei seinem Besuch an den ersten drei Tagen (7.-9.9.) von der Ernsthaftigkeit des Sinneswandels überzeugen: „Schon der Titel „IAA-Mobility“ läßt hoffen, dass nun nicht nur das (E)-Auto die Messe dominiert, sondern alle möglichen Mobilitätsformen gezeigt und ausprobiert werden können. Ich bin gespannt, ob dieser Spagat gelingt, denn nur Motor und Tank in immer größeren SUVs zu wechseln, wird unsere Verkehrsprobleme nicht lösen. Dazu braucht es viele neue Ansätze und Konzepte sowie effizientere und leichtere E-Fahrzeuge aller Art. Zudem müssen Erneuerbare Energien zügig und massiv ausgebaut werden, um wirklich emissionsfreie Mobilität zu gewährleisten.“
Nachtrag:
Das ursprüngliche Key Visual auf der Website der IAA (links) sah gar nicht mehr nach Auto-Messe aus, auch wenn die Fußgängerin in einem Startblock lauert und der schwarze Mann sogar so schnell läuft, dass er einen Integralhelm braucht. Oder ist das Le Mans? Das Flugtaxi hätte ich noch als "automobil" gekauft, die Kamera-Drohne eher nicht.
Der VDA verwendet diese seltsame Grafik noch auf einigen Medien, nicht aber auf der IAA-Startseite. Stattdessen ist dort seit 23.08. die flashy Animation eines Ballonflugs über München zu sehen.
Nur zum Vergleich unser "schlau mobil"-Signet von der MobiliTec/HMI 2015 (unten) und unser aktuelles key visual. Auch ohne Flugtaxis und Exo-Skelette ist eine gewisse Anlehnung erkennbar.
Wenn die IAA den Anliegen und dem Erscheinungsbild des BSM tatsächlich derart nahe kommt, sollten wir uns Gedanken machen . . .