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BSM befürchtet Ausgrenzung durch geplante Ladesäulenverordnung

Der BSM war eingeladen seitens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Rahmen der Verbände- Anhörung bis zum 21. Januar 2015 eine schriftliche Stellungnahme abzugeben gegenüber dem zuständigen Referat des BMWi.

Nach erster Bewertung des Entwurfs der LVS (Ladestellenverordnung) kommen wir zu einer vorläufigen Einschätzung, die wir nachstehend veröffentlichen.

Vorläufige Stellungnahme des BSM zum LSV-Entwurf

von Andreas-Michael Reinhardt und Thomic Ruschmeyer

1.Kritikpunkt: Deutscher Alleingang

Deutschland läuft Gefahr, durch eine sehr restriktive Regelung gemäß § 3 (1) der LVS einen europäischen Sonderweg zu beschreiten, meint der BSM.

Der Verordnungsentwurf des BMWi vom 9.01.2015 behauptet in seiner Begründung, auf der Grundlage der “(EU-) Verordnung [...] die europäischen Vorgaben der Richtlinie 2014/94/EU hinsichtlich Vorgaben für Steckerstandards für das Laden von Elektromobilen in deutsches Recht“ umzusetzen. Hierzu ist vorab anzumerken:

1. Entgegen der in der LSV zitierten Richtlinie 2014/94/EU schreibt die LSV konkret das Combined Combo Charging (CCS, COMBO2) als Schnelllade-Ladepunkt fest, obwohl es in (33) ausdrücklich heisst: „Die Schnittstelle zum Aufladen von Elektrofahrzeugen könnte mehrere Steckdosen oder Fahrzeugkupplungen umfassen, sofern eine davon den technischen Spezifikationen dieser Richtlinie entspricht, damit ein Aufladen nach mehreren Standards möglich ist.“

2. Deutschland läuft Gefahr, durch eine sehr restriktive Regelung gemäß § 3 (1) der LSV einen europäischen Sonderweg zu beschreiten, denn es legt fest, dass jeder Ladepunkt entweder gem. „TYP2“ (Normalladen) oder „COMBO2“ (Schnellladen) ausgeführt sein muß. Eine Vielfalt, um alle E-Fahrzeuge laden zu können, wird bewusst ausgeschlossen.

3. Der Bestandsschutz gem. LSV-Entwurf für alte Ladestationen zum Laden von Elektrofahrzeugen ändert daran nichts, zumal die Anzahl der in Zukunft neu zu errichtenden Ladepunkte ein Vielfaches des aktuellen Bestands umfassen wird.

4. Die in der LSV definierten „Mindestanforderungen an den Aufbau und den Betrieb von Ladepunkten“ grenzen heutige und auch zum Teil zukünftige Elektrofahrzeuge unangemessen aus, zum Beispiel auch für die 230V/16CE-Ladedosen.

2. Kritikpunkt: Bürokratie-Standard statt Industrie-Standard

Wirtschaft und Verbände sollen – weiterhin! standardisieren, nicht eine Regierung, bei aller gewünschten Mitwirkung der EU-Staaten und deren Regierungen.

1. „(1) Beim Aufbau von Normalladepunkten, an denen das Wechselstromladen möglich ist, muss aus Gründen der Interoperabilität jeder Ladepunkt mindestens mit Steckdosen oder Fahrzeugkupplungen des Typs 2 gemäß der Norm DIN EN 62196-2, Ausgabe Dezember 2014, ausgerüstet werden.“ Da „jeder Ladepunkt“ heißt, dass immer eine Ladedose gemäß „TYP2“ oder „COMBO2“ ausgestattet sein muß, bedeutet das eine Zwangs-Standardisierung und Festlegung auf einen Standard, dessen schon jetzt sich abzeichnenden Änderungen außer acht gelassen werden.

2.. Die LSV des BMWi negiert auch die in der Richtlinie 2014/94/EU unter Punkt (32) ausdrücklich aufgeführte Problematik, dass die Normen (insbesondere für COMBO2, aber auch bei Typ2) sich noch beim derzeitigen Stand (wesentlich) ändern werden. In Fachkreisen spricht man bereits davon, dass „COMBO2“ ersetzt werden wird bis 2020 durch einen neuen Standard. Es heisst hierzu bei EU-Richtlinie: „Obschon der Bericht mehrere Empfehlungen enthielt, wurde keine Einigung über die Wahl einer Standardschnittstelle erzielt. Daher ist weiteres strategisches Vorgehen vonnöten, um eine nicht proprietär geschützte Lösung zu entwickeln, die die Interoperabilität in der gesamten Union sicherstellt.“ 3

Es ist daher wichtig, statt der in 1,2 und 3 bei dem LSV-Entwurf gewählten Formulierungen Vielfalt insoweit zu erlauben, dass es heisst:

„(3) Beim Aufbau von Normal- und Schnellladepunkten, an denen das Gleichstromladen möglich ist, muss aus Gründen der Interoperabilität je ein Ladepunkt (statt jeder Ladepunkt) mindestens mit Kupplungen des Typs Combo 2 nach der Norm DIN EN 62196-3:, Ausgabe Juli 2012, ausgerüstet werden.“

Analog wäre auch bei (1) und (2) zu verfahren.

Die Ausführungen in der LSV unter „B. Besonderer Teil“ z.B. zu Paragraph 2, Nr“. sind insoweit auch nicht geeignet, die o.g. Kritik abzumildern, denn es heisst zwar: „Können an einer Ladeeinrichtung mit mehreren Steckdosen und/ oder (Fahrzeug-)Kupplungen zwei (oder mehr) Elektromobile gleichzeitig aufgeladen werden, so handelt es sich entsprechend um zwei (beziehungsweise mehrere) Ladepunkte.“ Doch die Festlegung von (3) verweist ausdrücklich (s.o.) auf „jeden Ladepunkt“!

3. Kritikpunkt: Wozu regulieren?

Warum müssen Ladesäulen jetzt erstmals reguliert werden? Warum lassen sich die Bundesländer als bisher zuständige Energieaufsichts-Behörden nach dem Energiewirtschaftsgesetz ihre Zuständigkeiten nehmen?

Die LSV lautet in §5: „Kompetenzen der BNetzA, insbesondere zur regelmäßigen Überprüfung der technischen Anforderungen an Ladepunkte und Recht zur Untersagung des Betriebs.“

Aus Sicht der Marktteilnehmer Elektromobilität, insbesondere Stadtwerke, Netzbetreiber, Energiedienstleister, Verbände, gibt es keine Nachfrage nach Regulierung durch den Bund bei Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge, allenfalls gem. der zitierten EU-Richtlinie nach Unterstützung der Interoperabilität. Diese kann aber auf Grundlage der bestehenden Gesetze und Verordnungen geleistet werden, wie das auch unter Beteiligung der Verbände und Institutionen schon jetzt erfolgt. DIN / DKE für die Normung und BDEW zum Beispiel für das Ladepunkt-Register in Deutschland.

4.Kritikpunkt: Rückbau statt Ausbau

Die LSV wird den jungen Markt Elektromobilität und die heutigen Elektrofahrzeug- Fahrer und Fahrerinnen sehr irritieren. Viele Private und Mittelständler, welche bereits heute freiwillig auf eigene Kosten Ladesäulen errichtet haben trotz mangelnder Wirtschaftlichkeit, werden diese Ladepunkte wieder abbauen aufgrund der hohen Gebührenbelastung zur Finanzierung der administrativen Kosten der BNetzA. Das wird ein „Schuß in den Ofen“. Deutschland wird zum „Leidmarkt Elektromobilität“ statt zum Leitmarkt in Europa und in der Welt.

Der BSM sieht folgende konkrete Auswirkungen der LSV auf den jungen „Markt Elektromobilität“, falls keine wesentlichen Änderungen erfolgen.

  • die neuen BNetzA- Verwaltungsgebühren, welche pro Ladepunkt erhoben werden und dazu geeignet sind, dass insbesondere mittelständische Unternehmen und auch Hotels, Gaststätten, welche ihren Kunden das E-Fahrzeugladen als Service-Leistung unentgeltlich anbieten, unverhältnismäßig finanziell belastet werden.
  • die langen Vorlauf- und Anmeldefristen für jeden Ladepunkt bei der BNetzA von acht Wochen, was überhaupt kein rasches Agieren erlaubt und der geübten Planungs-, Errichtungs- und Inbetriebnahme-Praxis widerspricht.
  • ein weiteres öffentliches Register neben der bisherigen BDEW-Meldestelle wird eingeführt, was zusätzlichen erheblichen Aufwand mit sich bringt statt „Bürokratie-Abbau“.
  • die LSV bildet weder die gegenwärtige noch die zukünftige technische Entwicklung ab. Es werden sich im PKW- Bereich für E-Fahrzeuge und insbesondere bei E- Nutzfahrzeugen, bei LKWs und Bussen bekanntlich neue Ladepunkte mit anderen elektrotechnischen Schnittstellen abzeichnen, die ebenfalls zu berücksichtigen sind und deren Standardisierung begonnen hat, zum Beispiel oberhalb 50kW und 125 Ampere – man spricht von 150-300 kWh Schnellladen. Gemäß der Anforderungen von Hersteller-/Industrien sind ganz andere Ladeleistungen abzubilden, die auch in Standardisierungsgremien bereits diskutiert werden.
  • die LSV gibt der zukünftigen Interoperabilität im Netz keinerlei Raum und Perspektive. Eine konkrete Darstellung seitens des BMWi fehlt hierzu, auch wie der zitierten EU-Richtlinie entsprochen werden soll – z.B. beim (30) „Zusammenwirken dieser Infrastruktur mit dem Elektrizitätssystem wie auch das Zusammenspiel mit der Elektrizitätspolitik der Union den im Rahmen der Richtlinie 2009/72/EG festgelegten Grundsätzen“ !

 

5.Kritikpunkt: Lex Tesla

Der BSM hat die Wahrnehmung, dass mit der LSV nebenbei eine „Lex Chademo“ und „Lex Tesla“ geschaffen werden soll, denn bei strikter Auslegung müsste jeder neu errichtete Ladepunkt „Chademo“ (Japan) für Nissan und Renault“ und „Tesla“ (USA) jeweils mit einem „COMBO2“ausgerüstet werden, was diskriminierende Auswirkungen haben würde. Die LSV ist also keineswegs technologieneutral!

Bei der EU-Richtlinie heisst es in Punkt (22) „es sollte die Technologieneutralität gewährleistet sein, und der Anforderung der Förderung der kommerziellen Entwicklung alternativer Kraftstoffe sollte in den nationalen Strategierahmen gebührend Rechnung getragen werden“.

Rückfragen gern an das BSM-Büro unter berlin@bsm-ev.de oder unter lsv@bsm-ev.de

Thomic Ruschmeyer und Andreas-Michael Reinhardt
Berlin, 14.01.2015