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Roland Schüren: "Elektromobilität hat Zukunft - die LSV nicht"

Vor seiner Bäckerei in Hilden stehen 14 Ladeplätze mit 28 Anschlüssen, mit Strom versorgt aus der eigenen PV-Anlage. Diese vorbildliche Investition ist überregional bekannt geworden nicht zuletzt als Start und Ziel des Tesla-Reichweitentests im August 2014. Bäcker Schüren wundert sich über die Überregulierung.

Aus Anlass der seitens der Bundesregierung geplanten Einführung der LSV (Ladestromverordnung des BMWi) hat BSM-Vorstand und LEMnet Europe-Präsident Andreas-Michael Reinhardt zahlreiche Interviews geführt mit Betreibern von Ladeinfrastruktur, welche die LSV kritisch sehen und eine
PETITION an den BUNDESRAT
(23.11.15) mit unterschrieben haben.

Warum haben Sie sich so umfassend bei Elektrofahrzeugen und Ladeinfrastruktur engagiert?

Roland M. Schüren: Als 2010 unser Vorhaben, das gesamte Unternehmen CO2-neutral mit Energie zu versorgen, ein Stück weit Realität wurde, lag es nahe, sich auch mit den Transporten zu unseren Filialen und dem Fuhrpark zu beschäftigen. Die Idee, alle Gebäude- und Betriebsprozesse auf Energieeffizienz zu optimieren, führte dazu, auch Elektrofahrzeuge schrittweise anzuschaffen und die Ladepunkte auf dem Gelände dafür bereitzustellen. Die Fahrzeug-Batterien sind ideale Sonnenstrom-Puffer.

Ihre Bäckerei wurde im Oktober mit dem Deutschen Solarpreis 2015 ausgezeichnet. Woher kam ursprünglich bei Ihnen der Impuls, die Energiewende bei sich auch selbst einzuleiten?

Roland M. Schüren: Nachhaltigkeit aus Tradition gilt bei uns schon in IV. Generation. Wir pflegen traditionelle Backkultur. Wir stellen mit natürlichen und hochwertigsten Rohstoffen Backwaren her - ohne industrielle Fertigmischungen, Beschleuniger und Tiefkühlprodukte. Bereits 1979 führte meine Mutter das Vollwert-Backprogramm erfolgreich ein. Wir sind bekannt für hochwertige Rezepte und Brote, Brötchen und Kuchen mit bestem Geschmack. Es lag jetzt nahe, den technischen Fortschritt zu nutzen, um den Betrieb und dessen Energieverbrauch auf regenerative Füße zu stellen. Von daher der Wille, sich grundhaft umzustellen, zumal sich langfristig solche Investitionen auch rechnen. Und es mindert unseren CO2-Ausstoß erheblich. Also ein aktiver Klimaschutzbeitrag für Nachbarn und Region

Eine Bäckerei wie Ihre mit mehreren Filialen hat einen beachtlichen Fuhrpark. Was ist Ihr Plan?

Roland M. Schüren: Neben vier Transportern mit Elektroantrieb und sechs elektrischen Personenwagen haben wir noch Erdgas-Fahrzeuge, die allmählich ausgetauscht werden. Sobald Elektrofahrzeuge mit bidirektionaler Speicherfunktion uns zur Verfügung stehen, können wir auch die großen Transporter (Sprinter) austauschen. Das ist unser Ziel. Diese können Strom laden, aber auch an andere Strom-Verbraucher Energie (deshalb „bi“) abgeben. In unserem Fall werden in Zukunft unsere elektrischen Lieferfahrzeuge tagsüber den Sonnenstrom laden und nachts bis zu einem definierten Ladestand an die Backstube abgeben, so dass noch ausreichend Strom für die erste und zweite Auslieferungstour zur Verfügung steht. Neben der Nutzung mobiler Pufferspeicher in Form der Elektrofahrzeuge sind auch stationäre Puffer geplant. In einem Projekt wird aktuell daran gearbeitet, eine Informations- und Kommunikationstechnik so zu entwickeln, dass sämtliche Energieflüsse im Betrieb und der Fahrzeugflotte optimal gesteuert werden. Diese neue gewonnene Energieeffizienz bringt uns dann auch als Betrieb einen Vorteil bei unserer Mobilität und zugleich leisten wir anschaulich vor Ort einen Beitrag zur Energiewende im gesamten Betrieb. Unser ‘CO2- Fußabdruck‘ wird sehr klein werden

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) will Ladesäulen und deren Zugang erstmals regulieren. Gleich tausender Mitbürgerinnen haben Sie sich jetzt an die Politik gewandt, die LSV zu ändern oder zurückzuziehen. Was kritisieren Sie?

Roland M. Schüren: Die neue LSV des BMWi trifft mich als Mittelständler empfindlich, gleich mehrfach. Künftig reguliert der Staat alle meine Ladesäulen, jeden Ladepunkt und ich muss Gebühren zahlen und acht Wochen im Voraus melden, wenn ich auf meinem Privatgrundstück eine neue Ladesäule errichte oder eine umbaue. Das geht in die Tausende Euro pro Jahr, obwohl ich für meine Kunden den Sonnen- bzw. Fahrstrom an mehr als zwanzig Ladepunkten kostenlos abgebe.

Auch irritiert mich die rechtliche Zuordnung, was ein öffentlicher Parkraum ist, im höchsten Maße. Sie kennen mein Betriebsgelände in Hilden und wissen, wie bei mir die Abläufe beim E-Laden sind. Bin ich jetzt „privat“ oder „öffentlich“? Und warum geht Deutschland jetzt über die EU-Richtlinie hinaus? Merkwürdig. Ich dachte immer, wir wollen weniger als EU regulieren. Und warum sind wir das erste Land, was überhaupt derzeit die EU-Richtlinie umsetzt? Die Holländer halten sich zurück wie ich höre. Obwohl sie als fortschrittlich gelten bei der Elektromobilität.

Bekanntlich sind wir bei der Elektromobilität noch am Ausprobieren. Es tut sich viel bei Fahrzeugen und Infrastruktur und einzelnen Anwendungen. Dennoch. Das kostet Geld. Ein Geschäftsmodell fürs Laden ist nicht erkennbar. Dennoch will ich einen Beitrag auch für die E-Mobilität weiterhin erbringen, deshalb leisten wir uns Elektromobilität bislang aus Überzeugung. Wenn bereits jetzt der Staat mir „verordnet“ wie und was ich zu tun habe, dann werde ich mein Engagement zurückfahren müssen. Elektromobilität hat Zukunft. Jedoch diese Verordnung nicht. Vernünftigerweise zieht sie das BMWi zurück.

Zur Information über die Stromtankstelle ‘Ihr Bäcker Schüren‘ am Autobahnkreuz Hilden
Ladepark Kreuz-Hilden mit gesamt 14 Ladeplätzen zum Aufladen von E-Mobilen. Dort können 28 Anschlüsse (14 x Typ 2 bis 32 A und 14 x Schuko mit 16 A) genutzt werden, um EE- Strom zu laden. In Hilden wird die Elektromobilität aktiv unterstützt. Deshalb ist das Laden bis auf weiteres kostenlos. 100 % Strom aus erneuerbaren Quellen wie z. B. den eigenen PV-Anlagen auf den Dächern der Backstube und dem Carport. Zusätzlich haben wir seit März 2015 eine CHAdeMO-Schnellladestation am Ladepark Kreuz Hilden.

Ort: Ihr Bäcker Schüren. Mühlenbachweg 9, 40724 Hilden

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