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Die Platzhirschen | Bosch Connected World 2018

In der Berliner 'Station' fanden sich 4.000 Teilnehmer zur Bosch-IoT-Konferenz 'Connected World' ein. Die Keynotes von Daimler-CEO D. Zetsche und Post/DHL-Vorstand Dr. Frank Appel zum Start der Veranstaltung zeigten den Sachstand im Bereich Elektromobilität Deutschlands. In der Ausstellung konnte der e.Go begutachtet werden ebenso wie die E-Schwalbe. Alles weiß und voller Bosch-Technik.

von Matthias Breust (Text + Fotos)

Bosch ist überall. Meine Zahnbürste, meinen Wasserkocher und meinen Kühlschrank benutze ich vor Besuch der Konferenz, den Akkuschrauber und die Stichsäge von Bosch allerdings nicht. Anlasser, Lichtmaschine, Einspritzer, alles Bosch. Nicht nur deutsche Autos bestehen weitgehend aus Bosch-Aggregaten, es gibt Bosch auch als Pedelec-Antrieb. Und all diese Dinge kamen auf der Bosch Connected World ("BXW18") nicht vor. Denn sie sind nicht "connected". Die BXW widmet sich dem Internet of Things ("IoT"). Der Schwerpunkt Mobilität interessierte etwa 4.000 BesucherInnen.

Mehr zur IoT-Konferenz
Bosch Connected World 2018:
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Die Daimler AG verfolgt die "C.A.S.E."-Strategie: "Connected, autonomous, shared, electric" müssen die Fahrzeuge der Zukunft sein, so CEO Dieter Zetsche (links, Foto BSM/mb). Stolz kündigte er an, "Smart" würde bald die erste rein elektrische Marke sein.

Da muss der Hinweis erlaubt sein, dass der Smart bereits ein rein elektrisches Auto war, als Daimler es 1997 übernahm - und eine uneffiziente Verbrennungsmaschine unter die Haube klemmte. Smart-Gründer Hayek wird sich Grab umdrehen.

Vor allem ging es aber um das autonome Fahren. Zetsche war selbst bei einigen der Tests dabei, die überall auf der Welt gefahren wurden. Die Herausforderungen an das selbstfahrende Auto sind mannigfaltig; allein die verschiedenen Bedeutungen optisch gleicher Kennzeichen sind ähnlich kompliziert wie ihr Fehlen.

Mit Zetsche am Steuer kam Bosch-Chef Volkmar Denner (oben) in einer S-Klasse zum Veranstaltungsort. Auf der "dropping zone" stiegen sie aus und sprachen auf ihrem Weg zur Bühne über Headset mit dem Moderator. Dort angekommen wurde das Publikum Zeuge des "automated valet parking", bei dem der Wagen eigenständig einparkt. Aber auf dem Bildschirm gab es kein Live-Bild der Limousine, sondern einen vorproduzierten Film, in dem ein identisches Auto über regennassem Beton in einem leeren Hof rangiert. In Berlin hatte tagelang die Sonne geschienen, und eine respektabel winzige Parklücke wäre vielleicht überzeugender gewesen (vgl. post scriptum).

Einparken dicht an dicht
Später in seiner Keynote wird Denner darauf hinweisen, das automatische Einparken spare Parkraum, weil das leere Auto keinen Platz zum Öffnen der Türen brauche. Markierte Fußwege zum Auto braucht man auch nicht mehr, obwohl viele Parkhäuser nach meiner Beobachtung heute schon ohne auskommen. Die Ersparnis von 20% konnte einer der Erfinder des e.Go, Prof. Günther Schuh, noch übertreffen. Weil der e.Go nur halb so viel Fläche wie ein S-Klassen-Mercedes benötigt.

Demonstrator mit Sensoren, Steuerung und Antrieb von Bosch  .

Diese Aussicht ist allerdings nur insoweit positiv, als all diese vielen herumstehenden Autos immerhin elektrisch angetrieben wären. Für das Publikum - meinem Eindruck nach vornehmlich Bosch-MitarbeiterInnen und -Kunden aus aller Welt - ist das wohl immer noch Utopie. Als ein Streetscooter zur Bühne surrte, gab es ehrlichen Applaus - sehr zur Verwunderung des Post-CEO Dr. Frank Appel (links): "Der Streetscooter wurde vor zehn Jahren erfunden. Seit vier Jahren wird er gebaut, seit einem Jahr wird er an Dritte verkauft. Und immernoch ist er Avantgarde."

Dr. Appel hatte die Aachener RWTH-Professoren Schuh und Achim Kampker unterstützt bei der Entwicklung eines zweckmäßigen Auslieferungsfahrzeugs, das den spezifischen Vorgaben von DHL und Post genügt. "Max. 80 km/h und 100 km Reichweite, ohne Luxus-Ausstattung wie etwa eine Klimaanlage - dieses Niveau können Sie von einem deutschen Hersteller nicht erwarten." Die Post konnte es auch nur erwarten mit der Nachfragemacht von 50.000 Fahrzeugen, einem "unfairen Wettbewerbsvorteil", wie Appel nüchtern konstatierte. Bis 2050 soll die Logistik von Post und DHL vollkommen emissionsfrei laufen.

Die Kooperation mit Bosch führte dazu, dass beim Streetscooter wie auch beim e.Go (rechts) soweit möglich Teile aus dem Regal verbaut sind. So fehlt z.B. eine Abdeckung für die Scheinwerfer vorn, die eigens hätten homologisiert werden müssen. Als Prof. Schuh auf die Zusammenarbeit mit Bosch zu sprechen kommt, wirkt er immer noch begeistert: "Beim Bosch ist man gar nicht in der Lage einen Motor zu bauen, der weniger als 100 Jahre hält." Auch wenn der vielleicht billiger wäre. Die eSchwalbe (unten links) wurde mit Bosch ins Leben zurückgeholt, im Gogoro-Scooter, der vom Sharer "Coup" verwendet wird, steckt ebenfalls Bosch.

Jede Menge Software-Lösungen präsentierten sich in der "Station", einem früheren BVG-Betriebshof am Berliner Gleisdreieck. Viele IT-Unternehmen beschäftigen sich mit der Connection zum Kunden, aus welchen Daten ein Mehrwert generiert oder ein Service verbessert werden kann. Unsere EUREF-Nachbarn Cisco öffneten blitzschnell Schranken für Carrera-Autos, wie überhaupt die Modellrennbahn ein beliebter Demonstrator für Anwendungen war. Das Internet der Dinge lässt sich in Fahrzeugen eher anschaulich machen als in einem Kühlschrank. Auffällig aber ist, dass all die verschiedenen Dinge für Bosch nur präsentabel sind in weißer Farbe.

links die eSchwalbe, rechts ein Nuuk Cargo, in der Mitte ein Überblick über die Ausstellung in der Station

Im Zusammenhang mit dre BXW wurde bekannt, dass sich Bosch an SP'LT beteiligt, einem Car-Pooling-System, bei dem Arbeitgeber für ihre MitarbeiterInnen Fahrgemeinschaften organisieren. In amerikanschen Städten mit Carpool-Lanes, die nur mit mehr als 2 Insassen befahren werden dürfen, düfte das ein überzeugenderes Angebot sein als hierzulande. Aber das beispiel zeigt, in welche Richtungen das Unternehmen Bosch unterwegs ist. Mag auch der Weg zum autonomen vernetzten geteilten E-Mobil noch lang sein.

PS: Vor zwei Jahren gab es einen Clip, in dem ein Model S zum Teslahändler fuhr, ohne das Lenkrad anzufassen. Dort angekommen steigt er aus dem Fahrzeug, das selbständig einparkt. Ohne Fake. Aber wahrscheinlich mit Bosch.