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Verlängerung für die Kaufprämie

Die Bundesregierung hat beschlossen, bis Dezember 2020 den Kauf eines E-Autos wie bisher mit 4.000 € zu unterstützen. Die Maßnahme schließt nahtlos an die bisherige Kaufprämie an, die am 30.6.2019 endet. Einzige Änderung gegenüber dem bisherigen Verfahren ist, dass auch akustische Warnsysteme mit zusätzlich 100 € gefördert werden. Der BSM begrüßt zwar die Verlängerung, wünscht sich aber insgesamt mehr Entschlossenheit für die Elektromobilität.

 

Wenn es nach anderthalb Stunden keinen Sieger gibt, wird ein Fußballspiel verlängert. Ob die Mannschaft um Merkel, Altmaier und Scheuer diese Begegnung noch zu ihren Gunsten entscheiden kann? Zum Glück machen sie die Regeln selbst, jedenfalls zum Teil.

Anderthalb Jahre haben Interessenten noch Zeit, den Bundes-Bonus zu kassieren. Nun ist die staatliche Förderung zum Absatz von E-Fahrzeugen eine Wissenschaft für sich. Die Nachfrage nach der deutschen Kaufprämie war überschaubar in Relation zu den Verkaufszahlen für Pkws insgesamt. Einer der vielen Gründe dafür war sicher das bescheidene Angebot deutscher Hersteller, was auch Minister Altmaier in der Pressemeldung des BMWi beklagte. Die einzige Anpassung betrifft dann auch einen Randbereich. Zum Schutz von Blinden und Sehbehinderten zahlt der Staat 100 € pro Fahrzeug für Warnsysteme bei geringen Geschwindigkeiten.

Aus dem Nähkästchen
In Lyon am Rande des EVS 32 berichteten Wissenschaftler der Universität Utrecht von ihren Terminen vor der NPE zur Vorbereitung der Kaufprämie. Ihre Erkenntnisse zum Thema Kaufprämie aus der erfolgreichen Praxis Norwegens und anderer Staaten wurden - und werden - in Deutschland gründlich ignoriert.
  • Die Regierung bekennt sich bis heute nicht explizit zu der Technologie,
  • begleitet ihre Maßnahmen nicht mit entsprechender Öffentlichkeitsarbeit,
  • setzt kein inhaltliches Förderziel, sondern deckelt die Gesamtsumme,
  • fördert weiterhin Plug-in-Hybride trotz wesentlicher Einwände und
  • schafft weder selbst oder über Unterorganisationen E-Autos an.
  • Mit 4.000,- € ist die Summe zu gering angesichts der Fahrzeugpreise, auf die außerdem keinerlei Händlerrabatt zu erwarten ist.
  • Ein weiterer grober Verstoß gegen gesichertes Experten-Wissen ist es die Prämie per nachträglichem Antrag und nicht einfach beim Kauf oder über einen Steuernachlass auszuzahlen.

 

 

 

 

 

 

 

Pressekonferenz zur ersten Kaufprämie war zeitgleich mit dem BSM-Forum auf der HMI 2016 (Foto mb/BSM)

"Natürlich ist es erst einmal ein gutes Signal die Kaufprämie weiter zu gewähren", meint BSM-Vorstand Matthias Breust dazu. "Aber wir raten dringend auch die flankierenden Maßnahmen auf ein angemessenes Niveau zu bringen." Werden die bisherigen Fehler wiederholt, droht nach dieser Verlängerung ein Ausscheiden aus dem laufenden Wettbewerb, und zwar einerseits der deutschen Hersteller von Elektrofahrzeugen und andererseits Deutschlands als Leitmarkt Elektromobilität.

Nachtrag: In einer "Abschließenden Mitteilung" zur Prüfung der Kaufprämie an das BMWi hat der Bundesrechnungshof bereits Ende 2017 zusammengefasst, welche Mängel das Verfahren aus Sicht der Controller aufweist. Neben der massiven Einflussnahme der begünstigten Unternehmen - handelt es sich doch trotz allem um Absatzförderung von Automobilen! - rügte der Rechnungshof, dass die Gegenfinanzierung durch ein Bonus-Malus-System nach französischem Vorbild von der Bundesregierung auf Druck der Industrie aufgegeben wurde. Ein solches Modell fordert der BSM neben vielen anderen Organisationen seit Langem. Ähnlich lief es auch für die verbindliche Quote. Zudem enthielt die Richtlinie keine Degression, wie in solchen Förderungen üblich, um Gewöhnungseffekten vorzubeugen. Und schließlich hat die Automobilbranche die Spreizung zwischen batterie-elektrisch und hybrid von 2.000 € auf 1.000 € gedrückt. All diese Einwände finden sich auch in den Veröffentlichungen des BSM zum Thema.

Im Juni 2016 hat der BRH empfohlen, "die Ziele näher zu bestimmen, die Preis-Obergrenze (Nettolistenpreis) für förderfähige Fahrzeuge zu begründen, Mitnahmeeffekte weitgehend auszuschließen und die mit dem Förderprogramm verbundenen Erwartungen fortlaufend mit den tatsächlich erzielten Wirkungen abzugleichen." Die Prüfer haben außerdem eine Revision der Praxis bereits nach einem Drittel der ursprünglichen Laufzeit angeraten. Sämtliche Ausführungen des Rechnungshofes blieben im Kern unbeantwortet, insbesondere den Anwurf der Parteilichkeit konnte das Ministerium nicht entkräften.

Eine solche Durchsicht ist augenscheinlich auch jetzt nicht erfolgt. Die eher klandestin vorgenommene Verlängerung der Umweltprämie ohne jede Anpassung des Verfahrens lässt die Einwände des Rechnungshofs nur noch schwerer wiegen. Die Bundesregierung glaubt sich offenbar im dritten Satz des Davis-Cups. Bei diesem Tennisturnier wurde wie bei vielen englischen Sportarten gespielt, bis ein Spieler mit zwei Punkten führt. Ohne "tie break". Das Publikum kam in den Genuss von Stunden um Stunden fortgesetztem Drama. Beim E-Auto sind leider wir alle die Verlierer, die noch auf Jahre der fossilen Beta-Technik ausgesetzt bleibt.