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Netzintegration ab Werk | Strom von Tesla

Der amerikanische E-Auto-Hersteller Tesla liefert Inhabern seiner "Powerwall 2" grünen Strom. In Bayern und Baden-Württemberg ist das über Octopus Energy erhältliche Angebot bereits verfügbar, andere Regionen werden folgen. Damit wird Tesla nicht nur zum Rund-um-Versorger, sondern zeigt auf, wie das elektrische Auto zum Bestandteil des regenerativen Ökosystems werden kann. Warum das eine gute Idee ist, kann man seit vielen Jahren beim BSM nachlesen.

Text: Matthias Breust / Bild: tesla.com

Eine zentrale Herausforderung bei der Herstellung von Strom aus Erneuerbaren Energien ist die Volatilität. Um auch während Flaute und Regen Strom liefern zu können, muss Energie aus Wind und Sonne zwischengespeichert werden. Dafür eignen sich - rein technisch betrachtet - zwar die Akkus von Elektrofahrzeugen. Allerdings bestehen zahlreiche Hindernisse. Von rechtlichen Voraussetzungen angefangen, die bei der Abgabe von Strom zu beachten sind, über Abrechnungsfragen zu Speicherung und Lieferung sind vor allem die Interessen der Beteiligten sehr verschieden.

Netzbetreiber und große Energieversorger sehen die Einbindung vieler kleiner und kleinster Lieferanten kritisch, weil es sich nicht nur um unverhältnismäßige organisatorische Aufwände, sondern letztlich auch um Konkurrenten handelt. Außerdem lässt sich die Integration nicht leisten, ohne Teile des Hoheitswissens aufzugeben. Diese Erwägung bringt auch den Hersteller des E-Autos dazu, den externen Zugriff auf den Ladevorgang abzulehnen. Der Besitzer des Autos selbst wird den Nutzen des Pufferspeichers abwägen gegen die erhöhte Belastung seiner wertvollen Batterie durch zsätzliche Ladezyklen. Jedem Beteiligten lässt sich der positive Effekt der Netzintegration zwar begreiflich machen. Aber das Interesse am schonenden Umgang mit den Ressourcen besteht eher bei der Gesellschaft insgesamt und müsste daher vom Staat inzentiviert werden. Oder ein Unternehmen macht sich daran, die gesamt Wertschöpfungskette anzubieten.

Das ganze Ökosystem

Nach Wallbox, Solar-Dachziegeln und Pufferspeichern für Solaranlagen geht Tesla nun also dazu über, seinen Kunden auch Strom zu liefern. Seine  Fahrzeuge hatte die US-Firma immer schon darauf eingerichtet, den gespeicherten Strom auch wieder abgeben zu können. Mit der Möglichkeit der Rückspeisung  könnte der Kunde sein Auto als zusätzlichen Pufferspeicher nutzen. Sollte auch das nicht ausreichen, muss die Energie extern bezogen werden. Dieses Angebot können die Besitzer einer Tesla-Powerwall in Bayern und Baden-Württemberg nun wahrnehmen. Dabei geht es nicht vornehmlich um ein lukratives Geschäftsfeld. Elon Musk verfolgt erklärtermaßen das Ziel, seine Flotte zu einem mobilen, dezentralen Speicher zu vernetzen, also Netzdienstleistungen anzubieten.

Den Aspekt der Marktbeherrschung durch dieses vertikale Monopol lassen wir für folgende Betrachtung mal außen vor, ebenso wie Fragen des Datenschutzes. Allein für die Netzintegration ist das Angebot des Tesla-Stroms ein großer Schritt vorwärts. Die Vernetzung von Stromherstellung und -lieferung einerseits und steuerbarer Verbraucher andererseits ist für den Erfolg der Energiewende und der Elektromobilität gleichermaßen entscheidend. Wenn E-Autos an privaten Solaranlagen laden und diesen Strom im Bedarfsfall wieder an den Haushalt oder sogar in das Versorgungsnetz abgeben, fungieren bei entsprechender Steuerung alle angeschlossenen Batterien als Pufferspeicher. Außerdem macht die Ladetechnik das E-Auto zum steuerbaren Verbraucher; der Ladestrom kann den Erfordernissen des Versorgungsnetzes angepasst werden.

Gute Idee

Die Bedeutung der Sektorenkoppelung ist mittlerweile allgemein anerkannt. Die vom Bund getragene "Nationale Plattform Zukunft der Mobilität" unterhält eine eigene Arbeitsgruppe zu dem Thema, in der auch der BSM-Vorsitzende Thomic Ruschmeyer vertreten ist. Dieser Platz ist wohlverdient, befasst sich der BSM doch seit Langem mit dieser Idee. Als er 2013 das PiVo-Projekt im "Schaufenster Elektromobilität" präsentierte, gab es bereits verschiedene Ansätze, den Ladevorgang möglichst zuverlässig und ohne elektronische Kommunikation an die Gegebenheiten im Netz anzupassen. Damals - Anfang des 21. Jahrhunderts - mussten oder konnten elektrische Fahrzeuge noch mit 3,6 kW geladen werden. Meist waren sie über Nacht an der Steckdose, auch wenn der Akku nach 5-6 Stunden voll war. So entwickelten Experten des BSM eine Steuerung, die sich an Spannung und Frequenz des Stroms orientierte. Dazu kamen Module für Zeitschaltungen und andere Parameter. Schließlich formulierte der BSM gemeinsam mit anderen Verbänden auch einen Vorschlag (I.D.E.E"), wie eine solche Steuerung des Ladevorgangs gefördert werden könnte, um den Elektromobilisten einen ausreichenden Anreiz zu geben.

PiVo sollte diese Mechanik durch Kommunikation verbessern und den Teilnehmern im Netz ermöglichen, auf cloud-basierte Informationen zu reagieren. Das Projekt kam nicht sehr weit, u.a. weil unter den Stromversorgern, OEMs und Netzbetreibern kein Partner gewonnen werden konnte. Bei der abschließenden Konferenz stand daher dezentrale Stromerzeugung im Vordergrund. Vertreter von VW waren zwar erschienen, aber eher an der Promotion ihrer eGolfs interessiert.

Wie schon beim Ausbau der Ladeinfrastruktur bringt Elon Musk nicht die Geduld auf, die Initiative anderer Unternehmer oder gar des Staates abzuwarten, sondern macht es selbst. Wenn bisher nur die Autohersteller zitterten, wie dynamisch ihre Vormachtstellung durch Tesla angegriffen wird, sehen nun die Energieversorger die Lichter ausgehen. Vielleicht erweist sich die Integration der Powerwalls als ein weiterer tipping point bei der Mobilitätswende. Zunächst aber können wir erwarten, dass gezielte Falschinformation die Verbraucher verunsichern soll. Sonst fangen noch alle an, ihren Strom selbst zu produzieren und über Tesla zu verkaufen. "Das wäre nicht nur eine gute 'IDEE', sondern ein weiterer und wichtiger Schritt zu der notwendigen dezentralen Energiewende im Kontext der ebenfalls dringend notwendigen Verkehrswende,“ bestätigt Thomic Ruschmeyer diesen Ansatz.