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Klimaschutz und Migration sprengen Jamaika-Verhandlungen

Die Bundestagswahl 2017 endete mit enttäuschenden Ergebnissen für die bisherige 'große' Koaltion aus SPD und CDU. Bundeskanzlerin Merkel verhandelte daher mit Grünen und FDP über eine Jamaika-Koalition, bis nun Liberalen-Chef Lindner das Handtuch warf. Nun muss die CDU entweder mit den Grünen in eine Minderheitsregierung eintreten oder Neuwahlen anstreben. Die SPD jedenfalls will in der Opposition bleiben.

Kommentar von M. Breust

Nach diesem Verhandlungsmarathon konnte man die Enttäuschung von Christian Lindner und Wolfgang Kubicki ein bischen verstehen. Nicht nur programmatische Differenzen mussten überbrückt werden, auch atmosphärische Störungen führten zum Abbruch der Verhandlungen. Ein Vertrauensverhältnis für vier Jahre gemeinsames Regieren hat sich nicht eingestellt. Wer letztlich den größten Anteil an dieser Entwicklung hatte, wird sich vielleicht im Laufe der Zeit feststellen lassen. Erst einmal ist das Projekt Jamaika-Koalition im Bund gescheitert.

Im Gebäude der Parlamentarischen Gesellschaft gegenüber dem Reichstag hatten Unterhändler von CDU, CSU, FDP und Grünen nach Eckpunkten eines Regierungsprogramms. Besonderen Konfliktstoff boten Mobilität und Umweltschutz, wie ein als Zwischenstand der Sondierungen veröffentlichtes Papier zeigte (s.u.). Immerhin bestand Einvernehmen die Elektromobilität irgendwie weiter zu fördern. Wo es nun hingeht mit der Mobilität in der neuen Legislaturperiode, bleibt ungewiss.

Geht Merkel?
Bundeskanzlerin Angela Merkel dürfte letztlich für das Scheitern der Jamaika-Verhandlungen verantwortlich gemacht werden. Ihre Führungsrolle mag bei den Sondierungen hinter den Kulissen spürbar gewesen sein. Das Bild in der Öffentlichkeit aber bestimmten die täglichen TV-Bulletins von Katrin Döring-Eckart und Cem Özdemir, die Frechheiten von Alexander Dobrindt und melancholischen Einwürfe von Wolfgang Kubicki und Christian Lindner. Die Kanzlerin hat nicht ein Mal Farbe bekannt. Wie so oft vermittelte sie den Eindruck, dass sie an den Themen weder im Einzelnen interessiert ist noch an einer gemeinsamen, übergeordneten Vision für das Projekt 'Jamaika'. Daher verwundert es nicht, dass in der Mannschaft die Lust am Rudern vergeht, wenn kein Kurs vorgegeben wird.

Ohne eine Kanzlerin - oder Spitzenkandidatin - Merkel ist vielleicht auch die SPD bereit Regierungsverantwortung zu übernehmen, und mit ihr die Subvention der Kohleindustrie fortbestehen. Der Einfluss der Automobilkonzerne über ihren Verband VDA und dessen Chef Matthias Wissmann würde sicher darunter leiden, wenn Frau Merkel ihr Amt aufgibt. Immer wieder hat sie als 'mächtigste Frau der Welt' die Interessen deutscher OEMs vertreten. Aber unsere Hoffnung auf Besserung bleibt begrenzt, egal wieviel investitionen nun in die Elektromobilität gepumpt werden.

Kleiner Koalitionsvertrag
In dem 61-seitigen Sondierungspapier wurde u.a. festgehalten, dass man die Klimaziele für 2020, 2030 und 2050 einhalten wollte. Aber wieviel Mill. t CO2 bei der Kohleverstromung zur Erreichung einzusparen sind, blieb zwischen den Parteien strittig. Die Grünen gingen von 90-120 Mill. t aus, die anderen von 32 - 66 Mill. Die  Versorgungssicherheit wiederum wäre, meinen die Grünen, bei einer Reduzierung um 8-10 GW gewährleistet, während die anderen die Kraftwerke nur um 3-5 GW herunterfahren wollen. Immerhin besteht Einvernehmen "über zusätzliche Anstrengungen bei den Erneuerbaren Energien [...] und die Förderung alternativer Antriebsformen, insbesondere Elektromobilität". Auch die  Bedeutung von Speichertechnologien war unstrittig. Zum Thema 'Verkehr' wollten alle Parteien "mehr Mobilität ermöglichen und weniger Emissionen im Verkehr erreichen, indem wir unsere Infrastruktur bedarfsgerecht und nachhaltig weiter ausbauen, die enormen Potenziale der Digitalisierung nutzen und alternative Antriebe fördern.

Beim Klimaschutz im Verkehrssektor waren die Differenzen gewaltig. Die FDP hatte noch im Wahlkampf Kohlekraftwerke als "Auspuff" der Elektromobilität plakatiert. Hierzu Zur Regierungsbildung hat der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) in einem offenen Brief mehrere Empfehlungen ausgesprochen, die direkt aus dem grünen Giftschrank stammen und offenbar Eindruck gemacht haben. Der mit namhaften Professoren besetzte SRU fordert u.a. den Ausstieg aus Kohlestrom und Dieselsubvention und will die blaue Plakette und eine E-Auto-Quote.

Nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen blühen uns wohl noch ganz andere Themen. Die AfD ist z.B. gegen Tempo 30- und Umweltzonen und für Straßenausbau. Vom Thema Migration wollen wir mal gar nicht reden.