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Kommentar zum Härtetest der AMS und den Reaktionen

Die mediale Auseinandersetzung zwischen Teslafahrern und dem Magazin Auto Motor und Sport (AMS) über die Reichweiten von Model S und anderen Elektrofahrzeugen dauert an. Auf mehreren Ebenen wird gefochten, und unter den Fahnen sammeln sich Bundesgenossen. Der BSM erlaubt sich das Vergnügen, mit einem augenzwinkernden Kommentar von Matthias Breust in die Debatte einzusteigen.

Wie soll das weiter gehen?

Von Matthias Breust

Im Internet sind inzwischen die meisten Informationen verfügbar, vor allem die Blogs von Uwe Nehrkorn (e-auto.tv) und Björn Habegger (mein-auto-blog) bieten eine recht sachliche und jeweils aktuelle Zusammenfassung der Ereignisse. Unabhängig vom Ausgang der Geschichte kann jetzt schon festgehalten werden, dass die Reichweiten-Aktion des Tesla-Fahrer und -Freunde e.V. (TFF) ein echter Meilenstein für die Entwicklung der Elektromobilität in Deutschland werden könnte.

Die 'realistischen' Testbedingungen bei AMS erinnern an den den Unterschied zwischen Violine und Kontrabass: "Kontrabass brennt länger!" Diese Behauptung ist - Musikfreunde mögen verzeihen - so wahr, dass sogar der TÜV Süd nicht anders als sie beweisen kann. Die Tester verhalten sich im elektrischen Pkw ebenso wie im Verbrenner. Kann man natürlich machen. Aber mit dem Chef rede ich in einem anderen Ton als mit dem Nachbarn, obwohl sie Brüder sein könnten. Und so fahre ich ein elektrisches Auto realistischerweise anders. Will ich weit kommen, halte ich den Verbrauch niedrig und spare mir die Klimaanlage oder die Heizung.

Ich habe noch keinen Teslafahrer erlebt, der begeistert berichtete, wie schnell er es von Hamburg nach Berlin geschafft hätte. Aber alle freuen sich ehrlich über die mit einer Ladung gefahrenen Strecken und die insgesamt erreichten Kilometerstände. Mit Patrick Zankl war ein BSM-Vorstand am 23. August in Hilden dabei. Patricks VIE-LA 365 war der Spitzenreiter bei konstant 90 km/h, und auch ihm war es wichtig, auf die 120.000 zurückgelegten Kilometer hinzuweisen. Für den eigentlichen Anlass der Veranstaltung hatte er nur ein Achselzucken.

Halbherzige Antwort
Zur Rechtfertigung veröffentlichte AMS am 26.8. eine Presseerklärung, in der es u.a. heißt: "Solche Härtetests seien aber sinnvoll, weil Fahrer von Elektroautos auch bei Schnee und Hitze ihr Ziel noch erreichen wollen." - Der Fahrer des Elektroautos wird bestimmt enttäuscht im Straßengraben bibbern, wenn er es bei Frost nicht mehr bis zur Schwiegermutter schafft. Oder er lädt nochmal etwas nach.

In der Stellungnahme wird außerdem bemängelt, AMS sei vor der Veröffentlichung der TV-Beiträge im ZDF heute-journal und WDR Lokalzeit nicht gehört worden. Dazu kann man nur anmerken, dass sie selbst sowohl die Gelegenheit zur Stellungnahme als auch eine Einladung zur Veranstaltung hatten. Bei der AMS handelt es sich nicht um eine Institution, der 'aus journalistischer Sorgfalt' ihre Position darzustellen ermöglicht werden muss. Weil es ein Massenmedium ist, das jederzeit alles Erdenkliche veröffentlichen kann, und das hat sie eben auch getan. Nur darauf haben Privatleute reagiert, deren tägliche Erfahrungen mit den Ergebnissen der Tests nicht übereinstimmten. Und die bei näherem Hinsehen durchaus methodische Mängel entdeckten: Die 184 km Reichweite wurden aus 31 km hochgerechnet, nach denen wieder vollgeladen wurde.

Zurück auf Anfang
AMS hat mittlerweile den Test, mit dem alles begann, auf der Internetseite veröffentlicht. Unwahrscheinlich, dass auch in den anderen Beiträgen des Magazins ein derart überheblicher und abfälliger Ton vorherrscht: Der Renault Twizy z.B. breche bei 120 km/h nur deshalb nicht bei der Reichweite ein, weil er so schnell gar nicht fahre. Eben diese Haltung hat zu den wütenden Reaktionen im Internet geführt. Wir vom BSM haben übrigens AMS Nr. 16/2014 gelesen und übereinstimmend festgestellt, dass auf Seite 180 kein einziger Irrtum oder Fehler zu finden ist. Das Heft hat nur 162 Seiten.

Damit die AMS nicht alleine in der Grube sitzt, aus der sie die E-Mobile davonflitzen sieht, hat jetzt auch die 'Welt' einen Tesla Model S-Test veröffentlicht, worin sie sich einer ungekannten Häme befleißigt. Der Kollege Jens Meiners beschreibt eines der besten Autos, die man je gesehen hat ("Fahrleistungen spektakulär, Design schnörkellos, Bedienung revolutionär" laut 'Welt' noch im Novemer 2013). Meiners konzentriert sich voll und ganz auf das eigene Unvermögen. Beim dritten Mal 'Vollgas' ziehe das Auto nicht mehr so recht. Das muss jetzt natürlich in die Überschrift. Und mit der Touch-Screen ist er plötzlich überfordert. Dabei hat er schon einmal einen Führerschein gemacht, damals, als noch der gute alte Kippschalter regierte. Abschließend empfiehlt die Welt statt eines Tesla die 100 Riesen doch lieber einen "560 PS starken Audi RS6 Avant" zu stecken. Sicherlich verschenkt Audi auch den benötigten Kraftstoff. Für die beliebten Emission direkt vor Ort. Ich sehe förmlich den protentiellen Tesla-Kunden schon ins Grübeln kommen.

Auf das weiterhin Funken schlagen
Der BSM sieht der weiteren Entwicklung mit großen Erwartungen vor allem an den Unterhaltungswert entgegen. Unabhängig von Reichweiten sind wir nämlich sehr weit gekommen: Deutschland hört zu. Die meisten E-Mobilisten sind über ihre Fahrzeuge so glücklich, dass sie beim dem Thema gleichsam aufblühen. Mit anhaltendem medialen Interesse werden sich immer mehr Menschen wünschen, ebenso glücklich zu werden.

Wenn in ein paar Jahren alle, die es sich leisten können, Tesla (oder vergleichbare Modelle europäischer Anbieter?) fahren, holen wir gern das `Geschwätz von gestern' wieder hervor. Also, meine Herren, immer schön links an der Leitplanke halten...

Ergebnisse des Reichweitentests des TFF: