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Rückenwind für die Elektromobilität

Die Bundesregierung hatte am 27./28. Mai rund 900 Teilnehmer nach Berlin eingeladen zu einer internationalen Konferenz zur Elektromobilität (IKE). Unter dem Motto „Elektromobilität bewegt weltweit“ belegte sie anschaulich, dass Mobilität inzwischen auch von der Automobilindustrie nicht mehr nur als Markt für Fahrzeuge begriffen wird, sondern als ein gesellschaftlicher und technisch systemischer Komplex. Auch in der NPE gewinnt die „Systemische Mobilität“, die der BSM als ganzheitliche Integrationsaufgabe aller Verkehrsarten vom Öffentlichen bis hin zum Individualverkehr ansieht, an Bedeutung. Dies zeigte sich auch auf der Konferenz bei vielen Referenten und Exponaten der Aussteller.

Bundeskanzlerin Merkel (Fotos Matthias Breust)

Mehrere Mitglieder der Bundesregierung, allen voran die Bundeskanzlerin Angela Merkel, bekräftigten ihre Unterstützung für die Elektromobilität. Auch Verkehrsminister Peter Ramsauer und Wirtschaftsminister Philipp Rösler verkündeten mit zum Teil pointierten Redebeiträgen, wie viel Bedeutung sie der Elektromobilität sowohl für die technologische Entwicklung als auch die Gestaltung des Verkehrswesens beimessen.

Die Notwendigkeit eines Umdenkens begründeten sie auch mit der CO2-Verringerung , den Klimazielen insgesamt und, neu, dass eine erfolgreiche Energiewende ohne Elektromobilität kein Erfolg werden könne. Thomic Ruschmeyer und Andreas-Michael Reinhardt aus dem BSM-Vorstand, welche die Konferenz zwei Tage interessiert verfolgten, nahmen positiv zur Kenntnis, dass diese alte Position des BSM inzwischen auch vom Kabinett Merkel öffentlich artikuliert wird.

Verkehrswende mit System - multi-modal
Für den BSM noch erfreulicher aber waren die Bekenntnisse aus den Chefetagen der Industrie. Die CEOs von Opel und Daimler, Karl-Thomas Neumann und Dieter Zetsche, wiesen in ihren Beiträgen auf die Bedeutung integrierter Konzepte und die Aktivitäten ihrer Unternehmen bei Mobilitätsdienstleistungen hin.

Der Bahnchef Rüdiger Grube betonte die Rolle seines globalen Logistik-und Dienstleistungs-Konzerns als Verkehrsdienstleister rund um die elektrifizierte Mobilität, der mit Ein-und Zwei-Spurfahrzeugen wie 'Call-a-bike' und 'Flinkster' seinen Anspruch untermauert, umfassende Mobilitäts-Services "von Tür zu Tür" zu erbringen -  und zwar als Top-Anbieter, was die Anzahl der E-Fahrzeuge und Pedelecs anbelangt.

Der für alternative Antriebe zuständige VW-Generalbevollmächtigte Dieter Krebs hatte seinen Vortrag aus dem entsprechenden NPE-Arbeitskreis mit "Systemische Mobilität" überschrieben. Mit der 'microcity' hat die Volkswagen-AG außerdem ein Modell bzw. Exponat präsentiert für eine Stadt mit Elektromobilen, Car-Sharing, ÖPNV-Angeboten und EEG-Strom und smartem Netz, in der die konventionellen weißen Autos im Stau stehen, und zwar auf Lego-Basis!

Kopfkino
Der BSM war in der Ausstellung an verschiedenen Plätzen präsent. Im Bereich Qualifizierung und Ausbildung zum Beispiel stellte BSM-Vize Andreas-Michael Reinhardt erstmals das jüngste Berlin-Brandenburger Schaufensterprojekt, die „Mobilitätsschule“ vor mit einer Visualisierung des Exponats in Form einer Skulptur, genannt „3D-Kopfkino“.

Das „Mobilitätskarussell“ (siehe www.mobilitaetsschule.de ) verdeutlicht die große Anzahl von Hemmnissen, Anreizen, Gewohnheiten und Herausforderungen, welche unsere Motivation beeinflussen, um tatsächlich multi-modal tagtäglich unterwegs zu sein. Diese Kopf-Installation soll das Ziel des Berliner Schaufenster-Projekts illustrieren, die Fahrschul-Ausbildung im Jahrhundert der Elektromobilität auf die Zukunft auszurichten. Neue Ausbildungsmodule sollen den Weg zu bereiten, in Sachen Mobilität ganzheitlicher auszubilden, vom Fahren und Beherrschen von Individualfahrzeugen angefangen bis hin zum wirtschaftlichen und effizienten Umgang mit der Vielfalt aller Mobilitätsangebote einschließlich ÖPNV und Bahn.

Prof. Christine Ahrend vom Projektpartner TU Berlin / Institut für Integrierte Verkehrsplanung stellte in ihrem Vortrag den durch wissenschaftliche Untersuchungen belegten Zusammenhang her zu weiteren Bezügen und Fragen der Multimodalität, die ihre Forschungsgruppe auch im Projekt Mobilitätschule beantworten will. Wie können junge Menschen für die neue Mobilität begeistert werden? Welches Know-how wird dazu benötigt? Mobilität der Zukunft, wie sieht sie aus? Das sind u.a. Forschungsthemen, die in Kooperation mit dem BSM und der Berliner Fahrschule Verkehr human in Kreuzberg bearbeitet werden.

Andreas-Michael Reinhardt (BSM-Vorstand),
Barbara Schütte(eMO), Juliane Beyer (IMA) und
Gernot Lobenberg, Leiter der Berliner Agentur für Elektromobilität
eMo (v.l.n.r.)

Startschuss für Schaufenster
Die Internationale Konferenz sollte vor allem über den Beginn der Schaufensterprojekte umfassend informieren. Zur Überraschung gab es nur eine eingeschränkte Präsenz im BCC-Foyer. Der erhoffte breite Auftritt blieb vermutlich deswegen aus, weil viele Schaufenster-Projekte noch nicht alle Beteiligten an Bord haben, darunter auch der BSM als Partner im Projekt "Tanken im Smart Grid" in Niedersachsen. Man wartete noch am 28. Mai vergebens auf die entsprechenden Bewilligungsbescheide. Viele interessante, bereits dem Grunde nach zugesagten Förder-Projekte fehlten daher bedauerlicherweise im BCC.

Sonnenschein zum Beginn der IKE

Marktvorbereitung bis 2014
Der Anteil der Elektromobilität am Kfz-Markt in Deutschland ist bisher bekanntlich sehr gering mit 0,1 % Stand Ende 2012. Wirtschaftsminister Philipp Rösler verkniff sich einen Vergleich sogar zu dem Prozentsatz an FDP-Wählern. In der öffentlichen Debatte wird dabei gern übersehen, dass die Planungen der NPE einen Markthochlauf erst ab 2015 vorsehen. Die momentan andauernde Phase der Marktvorbereitung zeitigt gute Ergebnisse, so die Meinung des BSM.

Man kann daher auch von einem „Gipfel der Gründlich- und Genauigkeit“ sprechen. Das konnten auch die Besucher der Elektromobilitätskonferenz in den vielen Themen-Foren am zweiten Konferenztag im Detail feststellen. Die Ankündigung von 16 (statt bislang 15) alternativ angetriebenen E-Serienmodellen aus deutscher Produktion bis zum Ende 2014 ergänzte die hervorragende Auswahl von Innovationen im Ausstellungsbereich des BCC.

Neben dem eigentlichen Fahrzeug mit Leichtbau, Batterien und effiziente Motoren standen dabei IKT-Services (Navigation, Abrechnung, E-Roaming) und Ladeinfrastruktur im Fokus vieler Exponate, von Hubject über Ladenetz bis zu LEMnet, von Ubitricity über ebee Smart Technologies bis zu „microcity“ von Volkswagen, von Ladeinfrastruktur bis hin zu Concept-Fahrzeugen. Trotzdem sei, so der BSM-Vorsitzende Ruschmeyer, der Hinweis erlaubt, dass von den zahlreichen vorgestellten deutschen E-Fahrzeugen nur zwei eine Typenzulassung bereits in der Tasche haben, wie man beim genaueren Hinsehen feststellen konnte.

Der internationale Vergleich
Die Vorträge der internationalen Gäste zeigten, dass Deutschland durchaus in Teilen Nachholbedarf hat. Die Marktanteile von 6,6% E- und Hybrid-Fahrzeugen in Kalifornien oder rund 200 Mill. zugelassene elektrische Zweiräder in China sind eindrucksvoll.

Der chinesische Wissenschaftsminister Wan Gang stellte – in deutscher Vortragssprache – aber auch klar, dass angesichts der Umweltauswirkungen des Verkehrs und seines rasanten Wachstums kein Weg an der Elektromobilität und der Reduzierung der Mobilitätsbedürfnisse in den Metropolen Chinas vorbei führt. So hat man bereits alle sechs führenden Regionen in China mit ICE- und Intercity-Schnellverbindungen erschlossen. Der PKW-Individualverkehr wird eher als begrenzt auf die Region gesehen denn als Fernverkehrsmittel. Autobahngebühren sind bewusst sehr hoch in China, betonte der Minister.

Der Smart electric drive

Dr. Wan war erstaunlich offen. Er gestand Rückschläge und Hemmnisse im chinesischen „Elektromobilitäts-Plan 25 Cities EV Initiative“ ein. Bis 2015 bzw. 2020 könne von 5 Mio. Elektrofahrzeugen keine die Rede sein. „Es ist ein zäher Weg - doch ein notwendiger“, betonte Chinas MOST-Minister, der auch der neuen Regierung in alter Funktion angehört.

Brian Wynne, Präsident der 'Electric Drive Transportation Association (EDTA)', dem „BSM der USA“ und Ausrichter von EVS29 in 2015 in Montreal, wies darauf hin, dass letztlich die Qualität der Produkte entscheidend sei. Die Herstellungsqualität lasse bei vielen europäischen E-Modellen zu wünschen übrig, so der GM-VOLT- Fahrer Wynne, der dem BSM einen offiziellen Besuch im CEE Center Erneuerbare Mobilität in der Wilhelmstr. 92 abstattete. Und “sexy müssen Elektromobile sein”, ergänzte Tesla-Mitgründer Jeffrey Straubel. Die Fahrzeuge seines Unternehmens erreichen bei den Käufern bereits große Zufriedenheit. Ein privater „Tesla S“ reihte sich ein in die Flotte der E-Fahrzeuge, die vor dem BCC zu Probefahrten verfügbar waren.

Aus England berichtete Verkehrsstaatssekretär Norman Baker von den intensiven Bemühungen, die öffentliche Ladeinfrastruktur vorausschauend schon heute auszubauen. Erleichterte Voraussetzungen findet die Elektromobilität in Schweden vor, wo laut Vattenfall-Vizepräsidentin Annika Ramsköld die Autos schon immer elektrisch im Winter ob der Kälte vorgeheizt wurden. Anschlüsse und Handling von Steckern seien also bestens vertraut.

Auch andere europäische Länder waren durch Politiker, Wissenschaftler oder Wirtschaftsvertreter in der Konferenz zahlreich vertreten und mit Koei Saga auch ein Top- Manager von Toyota, das mit dem Prius das bislang erfolgreichste Hybrid-Fahrzeug weltweit anbietet. Er machte – tröstend – aber auch deutlich, daß Toyota jahrelang investierte, Verluste schrieb und beharrlich Probleme behob, bevor der Hybridantrieb perfekt war und zum Gewinnschlager wurde.

Nokia-Vize-Präsident Michael Halbherr
(Foto: Andreas Reinhardt)

Nokia-Vize-Präsident Michael Halbherr stellte in Berlin seine Analyse der „Cities-Anatomie“ der Metropolen vor und beschrieb das „Cities-Modell“ seines Unternehmens, das in der Forderung gipfelt, dass man Computermodelle der Stadt-Realitäten eher und dringender benötige als die Visualisierungen durch herkömmliche Maps. Es geht darum, den Infarkt der Städte angesichts Schadstoff- und Verkehrsbelastungen zu vermeiden im Zuge der Landflucht in die Megacities. Das Berliner Tochterunternehmen VERE hat auch daran mitgewirkt, den „NOKIA REAL WORLD INDEX“ zu erschaffen, welcher die entsprechenden Faktoren zu messen und so den Kollaps einer Großstadt zu prognostizieren hilft.

Der Mercedes SLS in Eisblau-Folie - lecker?

Die TCO-Debatte
Immer mehr in den Fokus rückt die Diskussion um die Nachhaltigkeits- und Gesamtkostenbilanz von Elektrofahrzeugen, die TCO (Total Cost of Ownership). In Wirtschaft und Politik herrscht die Auffassung vor, dass die Attraktivität elektrischer Fahrzeuge ganz wesentlich davon abhängt, welche (Umwelt-)Kosten pro Kilometer anfallen, berechnet auf die Lebensdauer eines Fahrzeugs bis hin zum Recycling seiner Bestandteile. Auch werden die hohen Anschaffungskosten eines Elektromobils aktuell noch nicht durch seine geringeren Betriebskosten aufgefangen.

Für die NPE kündigte deren Chef, Prof. Hennig Kagermann, noch in 2013 die Vorlage der beauftragten TCO-Studie an, nach Befassung in den NPE-Gremien. Für 2014 wird dann der nächste NPE-Fortschrittsbericht erwartet. Allerdings haben viele Medienvertreter vermutlich noch nicht einmal den letzten aus 2012 gelesen, so der Eindruck von Konferenzteilnehmern ob der zum Teil abstrusen Medien-Schlagzeilen.

Großer Bahnhof
Im strahlenden Sonnenschein reihten sich vor dem Eingang zum Berliner Congress Centrum auch elektrifizierte Premium-Karossen aneinander, äußerlich nicht von Verbrennern zu unterscheiden. Den Unterschied durfte jeder bei einer E-Testrunde erleben. Nahezu alle Redner im Berliner Congress Centrum am Alexanderplatz wiesen darauf hin, dass kein Argument bei Interessenten so viel Wirkung erzielt wie eine Probefahrt mit Elektrofahrzeugen. “Er-Fahrung“ ist eben nicht ersetzbar, so das bekannte BSM-Credo.

Der VW Nils soll mal ein richtiges Auto werden
(... und nicht nur Leichtbau wie der Twizy)

Rahmenbedingungen
Die Erwartungen der Besucher an die Politik waren durchaus unterschiedlich und eher verhalten ob der Energie-und Klimafonds – und Energiewende-Debatten der letzten Monate. Unter dem Titel „Rahmenbedingungen“ fallen für den VDA-Präsidenten Matthias Wissmann neben den Fördermitteln besonders die „Super-Credits“ ein, die Mehrfachanrechnung beim CO2-Flottenverbrauch auf EU-Ebene.

Ein neues NPE-Thema, geschickt zum Top-Thema erhoben angesichts des Besuchs von EU-Vizepräsident Siim Kallas. Die Kaufprämie für elektrische Fahrzeuge, wie sie in den USA oder Frankreich über die Preisunterschiede hinweg hilft, steht bekanntlich für die Bundesregierung nicht zur Diskussion. Viele meinen, nur solange nicht, wie keine deutschen Modelle angeboten werden.

Immerhin konnte in den Ministerien und im Bundestag erreicht werden, dass die Dienstwagennutzung mit einem reduzierten Listenpreis bei der 1%-Anrechnung bei der Steuer berücksichtigt wird. Allerdings hängt der Gesetzesentwurf noch im Vermittlungsausschuss des Bundestages.

Apropos: Ein Novum. Stellvertretend für den Bundestag und dessen überparteilichem Parlamentskreis Elektromobilität hatte in der Konferenz der Abgeordnete Andreas Jung(CDU) die Gelegenheit zu einem Statement. Er versicherte, dass übergreifend die Elektromobilität von den Parteien SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und CDU/CSU mit Vorrang unterstützt wird.

Die Einführung von echten Nutzervorteilen wie exklusives Parken an Ladestationen, die der BSM seit Jahren anregt, konnten die Bundesminister in Form einer Änderung des Straßenverkehrsrechts nicht vorweisen. Nicht einmal die einheitliche Kennzeichnung von E-Fahrzeugen durch ein Kfz-Kennzeichen mit dem „E“ ist auf den Weg gebracht worden, bemängelt der BSM in seinem Resümee der alles in allem eindrucksvollen zweitätigen Konferenz.

'Super-Credits sind super wichtig'
Angela Merkel konnte mit dieser Aussage den anwesenden EU-Kommissar und zuständigen Vize-Präsidenten aus dem „gelobten EV-Musterland Estland“ (Moderator Schmiese zufolge hat es die höchste E-Ladestation- und EV-Dichte Europas), Siim Kallas, direkt ansprechen, der die im Vergleich zu USA und China für die Autobauer unattraktiven Anrechnungsregeln für den CO2-Flottenverbrauch (noch)aufrecht erhalten will.

Bei der EU-weiten Einführung 2008 hatte die Bundesregierung Angela Merkel verhindert, dass CO2-Grenzen für jedes einzelne Modell eingeführt werden und stattdessen die Produktpalette eines Herstellers insgesamt betrachtet wird. Nun sollen die elektrischen Fahrzeuge mehrfach berücksichtigt werden, die sogenannten Super-Credits – und zwar mit einem CO2-Ausstoß von 0g/km, der nur bei ausschließlicher Verwendung 'grünen' Stroms erreicht wird.

Allerdings regt sich bei einigen Umweltverbänden Protest gegen die Super-Credits. Der BSM gibt zu bedenken, dass die rasche Umsetzung der Elektrifizierung der Mobilität in Europa als Ziel Vorrang haben muss. Die europäischen Autobauer dürfen gegenüber USA- oder Asien-Herstellern nicht benachteiligt werden. Dort werden Elektrofahrzeuge mit einem Faktor von bis zu 5,0 auf den Flottenverbrauch angerechnet. Deshalb könnte eine Erhöhung von derzeit 1,5 jedenfalls für eine begrenzte Laufzeit von maximal 10 Jahren mit fester Ausstiegsklausel durchaus sinnvoll sein.

Eine Verbesserung des Modal-Splits im Zuge systemischer Mobilitäts-Konzepte in Verbindung mit Elektrofahrzeugen und deren rascheren Einführung zwischen 2015 und 2023 könnte zu nennenswerten CO2- und Schadstoff-Reduktionen führen, so die BSM-Position. Die Betrachtung der TCO-Bilanz eines Autoherstellers einschließlich der Umweltkosten ließe einen besseren Rückschluss zu auf das Potential zur CO2-Reduktion als das Abstellen allein auf die pro Kilometer anfallende Masse Kohlendioxid. Die Messmethoden von Normverbräuchen bei konventionellen Kraftfahrzeugen sind umstritten. Die Autos werden speziell für die Testverfahren eingestellt ("Cycle-Beating"). Außerdem bleiben die übrigen Umwelt-Auswirkungen außer acht. Nicht einmal alle Treibhausgase werden berücksichtigt.

Die Kutsche ist wieder da
Der Besuch der Bundeskanzlerin war sicher ein besonderer Moment für die Elektromobilisten, nicht nur für die zuständigen Manager der OEMs, sondern auch die Vertreter anderer Branchen und insgesamt aus der Zivilgesellschaft.

Ihre Rede hatte der Moderator Schmiese mit einer Analogie eingeführt: Als Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts das Auto noch eine neue Technologie war, setzte Kaiser Wilhelm II. weiter auf das Pferd. Auch die Handwerker, die bisher an der Fertigung von Kutschen beteiligt waren, blieben skeptisch und stellten sich nicht auf die Erfordernisse des neuen Vehikels ein. Nur ein Kutschenbauer überlebte den Siegeszug des Automobils: Karmann aus Osnabrück. Und diesen erklärte Konferenz-Moderator Schmiese ebenfalls zur Vergangenheit.

Die Aaglander Elektrokutsche mit Antrieb von Linde MH
auf der MobiliTec 2013 (Foto: Olaf Kiesewalter)

Die Moral der Geschichte brauchte ein paar zehntel Sekunden, bis sie bei allen angekommen war. Kanzlerin Merkel tröstete anschließend die Zuhörer. Sie sei anders als der Kaiser eine Verfechterin der neuen E-Technologie. Was Herr Schmiese nicht wissen konnte: Die Kutsche ist auch wieder da, dieses Mal als innovative „E-Kutsche“. Sie feierte auf der Hannovermesse 2013 Weltpremiere. Das Unternehmen 'Linde Material Handling' hatte ein Modell des Kutschenherstellers AAGLAND aus Prichsenstadt elektrifiziert und bei der „Messe-Highlight-Tour“ in Hannover mit Firmenchef Richard Gebert bewiesen, dass auch Kutschenbauer im Zeitalter der Elektromobilität einen neuen Markt - oder wenigstens eine Nische - haben. Und Karmann gibt’s auch wieder, allerdings nur Dank Übernahme einiger Firmen-Reste nach der Insolvenz 2009 durch Volkswagen.