Direkt zum Inhalt | Direkt zur Navigation

Benutzerspezifische Werkzeuge

Sektionen

Sie sind hier: Startseite / Nachrichten / Können wir das zulassen? | eKleinstfahrzeuge

Können wir das zulassen? | eKleinstfahrzeuge

Der Handlungsdruck zur Verbesserung der Luftqualität steigt. Während viele Städte händeringend nach wirksamen und zeitnah realisierbaren Konzepten suchen und sie auf die Lieferung elektrischer Busse warten, werden die Alternativen für motorisierte individuelle E-Mobilität immer zahlreicher. Unterhalb von eScooter und Pedelec soll eine Fahrzeugklasse K eingeführt werden für selbst-balancierende und stehend gefahrene Vehikel. Die eKFV ist umstritten. Ein Demonstrationszug am 13.12.18 zeigt die Perspektiven.

Text: Matthias Breust / Grafik: Kai Hauser/elektro.skateboard.de

Viele Unternehmen in Deutschland verkaufen Fahrzeuge, die verboten sind. Motorisierte Skateboards und Tretroller (Kickboards) gehören bislang keiner Fahrzeugklasse an, weshalb sie im öffentlichen Verkehrsraum nicht erlaubt sind. Für der Straße fehlt es an der Zulassung und nach der StVZO auch an den Voraussetzungen. Auf dem Bürgersteig dürfen motorisierte Fahrzeuge nur bis 6 km/h unterwegs sein. Bleibt also nur Privatgelände oder Plätze wie das Tempelhofer Feld - das weitläufige Gelände des ehemaliges Flughafens ist ein Glücksfall für jede Form landgebundener Mobilität.

Elektrische Kleinstfahrzeuge erfreuen sich trotz des Verbots größter Beliebtheit. Die Verkaufszahlen der Berliner Mikro-E-Mobilisten wie Scooter-Helden oder Urban Electric z.B. sind auskömmlich. Außerhalb von Deutschland sind eKickboards u.ä. vielerorts erlaubt, teilweise mit Alters- und Geschwindigkeitsbegrenzungen und speziellen technischen Anforderungen an Brems- und Lichtanlage. In Paris kann man Lime-eRoller leihen, in China fahren bereits Millionen umher. Aktuell plant Bamberg als erste deutsche Stadt ein Verleihsystem mit eKickboards.

Die deutschen Behörden haben sich schon beim Segway schwer getan. Der selbstbalancierenden Einachser erhielt erst nach langem Ringen eine Erlaubnis als "elektronische Mobilitätshilfe" - also wie ein Rollstuhl. Nun steht die Verabschiedung einer "Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung" (eKFV - aktueller Entwurf) bevor, mit dem eine neue Fahrzeugklasse K eingeführt wird. Bei einer VDI-Fachtagung im September erklärte ein Mitarbeiter des BASt, dass sie gern zwei Klassen unterschieden hätten, aber das Verkehrsministerium hat sich für die Einheitslösung entschieden. Das BASt-Gutachten aus dem Mai 2017 wurde nunmehr veröffentlicht.

Die Einführung der eKFV wurde mehrfach angekündigt, aber nicht verabschiedet. Daher fragten die Grünen am 29.10.18 in einer Kleinen Anfrage im Bundestag nach dem Sachstand unter der deutlichen Überschrift: "Blockierung der Elektrokleinstfahrzeuge durch eKFV". Die Antworten der Bundesregierung ließen nicht auf Besserung hoffen. Aber der Verkehrsminister Andreas Scheuer hat angedeutet, dass man sich den Text noch einmal vornehme und insbesondere mit internationalen und europäischen Regelungen abgleicht.

Nach der bisherigen Fassung muss jedes Fahrzeug ohne Sitz einige technische Voraussetzungen erfüllen, um der Klasse K zugeordnet zu werden. Blinker und Lichtanlage müssen ebenso dran sein wie Klingel oder Hupe und zwei Bremsen, fahren darf man max. 20 km/h nur behelmt und auf Radwegen, sofern man mindestens einen MoFa-Führerschein hat und das Fahrzeug eine Versicherung sowie eine Typplakette zum Nachweis der Zulassung. Für die Mikromobilisten ist es eine Liste der Grausamkeiten. Bei den Freunden des Fahrrads dagegen nimmt man mit Genugtuung zur Kenntnis, dass die eKFs nicht besser gestellt werden als der Drahtesel.

Für eSkateboard oder Monowheel gilt die eKF-Verordnung mangels Lenkstange nicht. Sie dürfen wie bisher nur auf privatem Grund gefahren werden. Auch deshalb regt sich bei deren Nutzern der Widerstand am heftigsten. Die Demo am 13.12. in Berlin wird einen Eindruck davon vermitteln.

Der BSM ruft alle auf, die an einer bunten Mobilität interessiert sind, sich an der Demo zu beteiligen - notfalls auch zu Fuß. "Wenn wir mit solchen Aktionen nicht zeigen, welche attraktiven Alternativen zum Auto existieren," so BSM-Vorstand Matthias Breust, "wird weiter das Auto zum Zigarettenholen benutzt. Die Regierung könnte nach dem Offenbarungseid beim COP 24 wenigstens in diesem Bereich saubere Mobilität fördern."